Servus Servas!

* von Manu Reiter *

Ich weiß nicht, ob ich auf Englisch oder Deutsch schreiben soll, aber weil`s schon spät am Abend ist und das Denken ein bisschen langsamer geht, hab ich mich dann doch für Deutsch entschieden (außerdem weiß ich nicht, ob der Rest von Österreich einen Bericht in steirischer Sprache verstehen würde).

Ich will euch heute eine Geschichte erzählen. Es ist nicht irgendeine sondern eigentlich ganz konkret „meine“ Geschichte. Nämlich meine Servas-Geschichte. Ich bin bei einem Plauscherl mit einer Studienkollegin auf Servas gekommen und relativ spontan, kurz vor meiner Abreise nach Neuseeland Ende November 2010 mithilfe der Flexibilität von Christine Schuler, die kurzfristig Zeit für ein Gespräch fand, Servas-Mitglied geworden. Ich hab diesen Schritt während meiner „weiten Reise“ kein einziges Mal bereut, hab viele liebe nette Menschen kennengelernt, beflügelnde Gespräche geführt und Hand in Hand mit Servas Neuseeland und Australien diese wunderschönen Länder kennengelernt. Gibt’s eigentlich Formvorschriften für einen Servas-Bericht? Ich würd sagen, ich schreib einfach so, wie ich es mir denke – durcheinander & kunterbunt – so wie es meine Reise auch war.

Ich hatte meine erste Servas-Erfahrung Anfang Jänner 2011. Patsy & Dave Walters besitzen ein wunderhübsches Haus mit riesen Rosengarten in Whangarei, im Norden von Neuseelands. Nach einem besonders heißen Tag luden Sie mich gleich mal zu einem erfrischenden Bad im hauseigenen Swimmingpool ein und danach gab`s ein köstliches Abendessen. Die beiden waren ein lustiges Paar voller Gegensätze, jedoch schon seit Jahren glücklich verheiratet. Patsy zeigte mir den Rosengarten und es war alles in allem eine schöne Erfahrung. Am nächsten Tag ging es für mich dann schon wieder weiter, zum einen, weil das Ehepaar gerade mit ihrer Familien ziemlich viel um die Ohren hatte, zum anderen, weil es für mich noch viel zu entdecken gab.

Ein paar Tage später landete ich dann bei Chris Hiscock. Ein pensionierter Farmer und passionierter Segler. Er kam gerade von einem Segeltrip zurück und wir grillten gemeinsam und genossen den warmen Sommerabend. Er war sehr an Österreich und natürlich vor allem am Bauernleben bei uns interessiert. Diesbezüglich war ich natürlich die richtige Gesprächspartnerin, weil ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin. Es war nicht nur für ihn, sondern besonders für mich extrem interessant.

Meine ersten beiden Servas-Erfahrungen waren sehr unterschiedlich, weil Patsy & Dave sehr luxuriös wohnten und Chris eigentlich recht einfach lebte und eine komplett unterschiedliche Vergangenheit und Erfahrung hatten. Das ist das Schöne an Servas, man trifft Menschen, die verschiedene Geschichten zu erzählen haben, die aber eines verbindet – die Liebe zum Reisen.

Da ich ein eigenes Auto gekauft hatte war ich sehr flexibel und genoss es einfach auch mal irgendwo zu schlafen und nur Zeit für mich alleine zu haben. Diese Servas-Pausen waren sehr wichtig, um meine gesammelten Eindrücke zu sortieren und zu „verdauen“.

Mein nächster Stop war bei Tom & Wendy Cassie in New Pleymouth und dieser Besuch war sicher einer der herzlichsten die ich hatte. Die zwei sind einzigartig, so fuhr Wendy mit mir einen ganzen Tag die Gegend um New Pleymouth ab, zeigte mir ihre Lieblingsplätze und erzähle und erzählte und erzählte. Beide sind pensionierte Bauern, die jetzt in einem Häuschen direkt in der Stadt am Hafen wohnen und ihre Pension voll genießen. Am ersten Abend gingen wir gemeinsam zu einem Festival und vor meiner Abreise checkte Tom noch mal ob alles bei meinem Auto in Ordnung ist, während mir Wendy noch Sandwiches für die Fahrt schmierte! Wirklich entzückend und auf jedem Fall eine Bereicherung.

In Wellington übernachtete ich dann bei Tineke La Plant, eine Holländerin, die gleich wie ich einmal auf Reisen in Neuseeland war, sich verliebte und einfach hier blieb. Sie ist Restauratorin und hat eine Traum-Wohnung im Multikulti-Viertel von Wellington. In ihr fang ich einfach eine „Leidensgenossin“ weil sie genau wusste, wie es sich anfühlt, wenn man alleine unterwegs ist und wie wichtig es ist, überall im Land Menschen kennenzulernen. Dieser Besuch blieb nicht mein einziger, ich kam auf meiner Rückreise von der Südinsel Neuseelands noch einmal bei ihr vorbei, weil wir uns beim ersten Mal so gut verstanden. Sie zeigte mir unter anderem, wo und wie sie arbeitet und gab mir wertvolle Reisetipps.

Mein nächster Stop war sehr gut gewählt – so handelte es sich um Weinbauern. Phil & Sue Binnie waren meine ersten Hosts auf der Südinsel und freuten sich total mich bei ihnen zu haben, weil ihre Tochter gerade von einem einjährigen Auslandsaufenthalt in Deutschland zurückgekommen ist. So konnte ich mit ihr auch ein bisschen Deutsch sprechen. Bei der Familie Binnie gabs den besten Chardonney meiner Reise und das Angebot bei der Weinernte im April mitzuhelfen. Ich bekam sogar eine exklusive Führung durch die Weingärten. Die Geschichte der Binnie`s war wieder total interessant, so entschlossen sie sich vor ein paar Jahren aus dem Nichts heraus und mit überhaupt keinem Expertenwissen, Weinreben anzubauen. Das ist Let`s-do-it-Mentalität der Neuseeländer um die man sie alle beneiden sollte. Phil war Polizist und jetzt sind sie sehr erfolgreiche Weinbauern in den berühmt berüchtigten Marlborough Sounds.

Auf Nelson hab ich mich besonders gefreut und mit John & Cher auch liebe Gastgeber gefunden. Bei Ihnen auf der Terasse konnte ich zum ersten Mal testen, wie gern mich die grausamen Sandflies mochten (und diese liebten mich abgöttisch) und meine Frau beim Sushi rollen stellen. Als Dankeschön hab ich gleich mal beim Unkraut jäten geholfen und mich mit John lange über die Faszination der Berge unterhalten. John & Chers Tochter arbeite bei einem Helicopter-Unternehmen beim Fox Glacier und sie lud mich sofort auf einen kostenlosen Flug ein. Dieses Angebot war genial und ich freute mich narrisch auf diese Chance. Leider spielte dann schlussendlich das Wetter nicht mit.

Auch am nördlichsten Spitzerl der Südinsel besuchte ich David & Valerie Podmore, die Dayhosts waren. Ihre Beschreibung im kleinen Servas-Adressbüchlein hörte sich einfach zu verführerisch an um nicht bei ihnen anzurufen. Beide Uniprofessoren, die sich in ihrer Pension einfach ein Haus in the middle of nowhere gebaut hatten und völlig energieautark leben. Alles wird selber angebaut und zu erreichen sind die beiden nur per Boot. Gesagt getan buchte ich mir den Platz auf einem Bootsshuttle, packte meine selbstgemachte Bio-Schokolade als Gastgeschenk ein und verbrachte einen interessanten Tag mit den beiden. Selbstgebackenes Brot, Kajak fahren, und und und standen auf dem Tagesplan. Am Abend gings voll mit neuen Geschichten und Erfahrungen im Gebäck per Schiff wieder zurück (übrigens sah ich auf der Rückfahrt meine ersten freilebenden Delphine!!!!).
Nach einer längeren Pause kehrte ich bei Kay Adam in Alexandria ein, die wohl verrückteste 83-Jährige, die ich kennen gelernt habe. Eine pensionierte Lehrerin, die mich am Abend schon vorgewarnt hatte, dass ich alleine frühstücken soll, weil sie keinen Grund sieht am Sonntag früh aufzustehen. Da ich irgendwie das Gefühl hatte, ihr helfen zu wollen, putze ich die Küche und machte den Abwasch. Zum Abschied stand sie dann aber trotzdem auf um danach aber gleich wieder ein Mittagsschläfchen einzulegen.

Emma Gerken war dann die verrückteste 90-Jährige, die ich je kennen gelernt habe. Sie ist Südafrikanerin und hat in zweiter Ehe Len geheiratet, der aber schon leider verstorben war. Sie war eine Diva und ich konnte es kaum glauben als sie mir alte Fotos von ihr zeigte! Sie war damals eine Schönheit und lebte sehr wohlhabend. Jetzt nach dem Tod ihres Mannes wollte sie wieder nach Südafrika zu ihrer Familie ziehen und gab mir sofort Adresse und Kontaktdaten ihrer Tochter um auf einer möglichen Reise mal bei ihr vorbei zu schauen.

Das war die kunterbunte Mischung an Hosts in Neuseeland – jeder für sich einzigartig und liebenswert. 5 Monate und 11 Servasbesuche, das ist die perfekte Art zu reisen.
Anfang Mai 2011 hieß es dann Servus-Baba Neuseeland, Servus-Grias di Australien. Durch mein Gesundheitsstudium motiviert rief ich gleich mal bei Isla Tooth an, ob ich nicht bei ihr vorbei schauen durfte und wurde sofort mit einem köstlichen Abendessen begrüßt. Eine selbstbewusste, selbstständige Frau, die weiß was sie will und vor allem in einem der schönsten Stadtteile von Sydney wohnte. Von der unendlichen Weite von Neuseeland zum pulsierenden Stadtleben war es ein Quantensprung für mich aber Isla machte meine ersten Tage in Australien zu einem schönen Erlebnis. Sie und ihre Katze sind ein Dreamteam und ihr Kleindungsstil einmalig.

Mein allerletzter Host auf meiner Reise war Peter Cramer, ein Künstler und Fotograf und auf ihn hatte ich mich sehr gefreut und ihn natürlich auch bewusst ausgesucht. Er war für mich fast prominent, so durfte er einmal eine PR-Kampagne für die Sydney Opera machen. Ein schräger Typ, der mir aber die schönen Seiten von Sydney in der Nacht zeigte. Er nahm mich gleich mal zu seiner Mutter mit und fuhr mit mir quer durch die ganze Stadt. Ein feiner Kerl, der mich sogar noch zum Flughafen bringen wollte. Diesen Weg wollte ich aber alleine „antreten“, dankte ihm aber recht herzlich fürs Angebot.
Nach diesen vielen schönen Erfahrungen freue ich mich auch etwas zurückzugeben und Menschen aus aller Welt Österreich zu zeigen! Servus Servas!

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